Der Baustoff Lehm
Lehm ist kein genormter Baustoff. Er weißt je nach Fundort unterschiedliche Eigenschaften auf. Es ist daher unbedingt notwendig die Zusammensetzung zu kennen. Lehm ist ein Gemisch aus Ton, Feinsand (Schluff) und Sand, größere Steine sowie organische Materialien können enthalten sein. Im Lehm wirkt der Ton als Bindemittel. Feinsand (Schluff), Sand und Kies sind lediglich als Füllstoffe zu betrachten. Spricht man von mageren oder fettem Lehm, so bezieht sich diese Aussage nur auf den Tongehalt.
Grundlagen
Leider zeigt sich Lehm in der Öffentlichkeit meist von seiner schlechtesten Seite, nämlich dann, wenn alle schützenden Schichten darüber schon verrottet sind. Lehm ist ein natürlicher, sehr vielseitiger Baustoff – leider mit begrenzten Einsatzmöglichkeiten in unserem rauen Klima. Lehm ist feuchtempfindlich und muss vor starken Regen geschützt werden. Wie bei jedem anderen Baustoff kann man auch beim Bauen mit Lehm nur dann gute Ergebnisse erzielen, wenn man seine Vor- und Nachteile, seine Materialeigenschaften genau kennt.
Vorteile:
Baubiologie, ökologisches Bauen
Lehm ist überall örtlich verfügbar, energie- und ressourcenschonend, wiederverwendbar, hat angenehme Oberflächentemperaturen, setzt keine Schadstoffe frei, reguliert die Luftfeuchtigkeit, bietet Schallschutz und die allergene Belastung ist gering.
Schonung der Ressourcen
Bei Verarbeitung und Transport wird für Lehm nur sehr wenig Energie verbraucht (5 -10 Prozent der Energie für gebrannte Ziegel oder Beton), da er unweit der Baustelle oder sogar als Baustellenaushub gewonnen wird und bei der Verarbeitung Energie nur für Maschineneinsatz und eventuell bei Vorfertigung für die Trocknung verbraucht wird. Lehm ist fast an allen Orten der Welt vorhanden. Ältere Dorfbewohner geben gern Auskunft über Lehmvorkommen in der Region. Aber auch Straßennamen weisen darauf hin. Das Baumaterial Lehm aus Abriss kann problemlos wieder verwendet werden. Lehm ist ein Baustoff mit einer Recyclingrate von 100 Prozent
Verarbeitung
Lehm greift im Gegensatz zu Kalk und Zement nicht die Haut an. Bei feuchter Verarbeitung ist die Staubbelastung sehr gering. Mit Hilfe einer fachkundigen Person, einem Lehmbauseminar oder "learning by doing" können Lehmbauarbeiten auch von Laien ausgeführt werden. Dadurch ist auch ein hohes Maß der nachbarschaftlichen Hilfe möglich und verringert die Baukosten erheblich. Selbst missratene Versuche sind schnell zu beheben oder können einfach wieder eingesumpft und neu verarbeitet werden.
Dauerhaftigkeit
Bei richtiger Verarbeitung, Zusammensetzung und Mischung haben Lehmbauten eine Lebensdauer von Jahrhunderten. Lehm altert bei guter Pflege in Würde.
Raumklima
Lehm bietet einen guten Schall- und Trittschutz, speichert die Wärme und hat eine warme Oberfläche. Durch die ausgezeichnete Wasserdampfaufnahme- und -abgabefähigkeit liegt die relative Raumluftfeuchtigkeit konstante um 50 %. Somit wird ein Austrocknen der Schleimhäute verhindert, Feinstaubbildung reduziert und damit Erkältungskrankheiten und Allergien vorgebeugt. Lehm absorbiert Giftstoffe und schlechte Gerüche aus der Raumluft wie z.B. Kochgerüche oder Zigarettenqualm. Als Heilerde entgiftet Lehm unseren Körper, als Bausstoff unsere Häuser.
Holzschutz
Wegen seiner geringen Gleichgewichtsfeuchte von ca. 5%, hält der Lehm, der das Holz umschließt, trocken und schützt es vor Pilzen und lnsektenbefall. Tierische Schädlinge benötigen in der Regel eine Mindestfeuchte von 14 - 18 %, Pilze von mehr als 20%. Dadurch ist ein chemischer Holzschutz überflüssig und belastet weder Hausbewohner noch die ohnehin belastete Umwelt.
Wärmedämmung
Im Sommer kühl, im Winter warm, das wissen viele.
Wird Lehm mit Stroh, Blähton, Bims oder Holzhackschnitzel in der richtigen Mischung verarbeitet, kann bei einer Wanddicke von ca. 40 cm den Anforderungen der heutigen Wärmeschutzverordnung entsprochen werden, ohne die Vorteile eines homogenen Wandaufbaus aufzugeben.
Nachteile:
Schwinden
Durch Verdunsten des Anmachwassers verändert der Lehm sein Volumen, er schwindet je nach Tonmineral um 3 - 7 Prozent. Es entstehen Trocken – und Schwundrisse. Wenn Verflüssigungsmittel, wie Soda oder eiweißhaltige Flüssigkeiten, in geringem Maße zugegeben werden, braucht man weniger Wasser und Lehm schwindet deutlich weniger. Ein optimales Ergebnis wird durch die Verwendung von Flusssand (Sand mit verschiedener Körnung) erreicht. Putze dürfen erst nach der vollständigen Austrocknung des Lehm aufgebracht werden. Bei Leichtlehmen wird das Schwinden oder besser gesagt das Sacken durch den Zuschlagstoff bestimmt. Strohleichtlehm sackt stark, Holzleichtlehm schwach, Mineralleichtlehm (Zuschlag: Blähton, Bims, u.a.) so gut wie nicht.
Quellen
Lehm passt sich an die Umgebungsfeuchtigkeit an und nimmt in Feuchtperioden Wasser auf. Die Volumenänderungen sind zwar gering, aber es ist darauf zu achten, dass verbundene Baustoffe, wie Kalkputze, weich genug sind, um diese '“Arbeiten“ mitzumachen. Kombinationen mit starreren Baustoffen sollen vermieden werden. Verbundmauern, außen aus gebrannten Ziegeln, innen aus Lehmsteinen, wurden deshalb früher mit sehr weichem Kalk - oder mit Lehmmörtel gemauert.
Feuchtempfindlichkeit
Länger andauernde Feuchtigkeit vermindert die Festigkeit und führt zur Verwitterung. Lehm muss gegen aufsteigende Feuchtigkeit durch sorgfältig ausgeführte Horizontalsperren und gegen Regen durch Dachüberstände, und Außenputz oder Holzverschalung geschützt werden.
Frostempfindlichkeit
Wasser in feuchtem Lehm führt zu Frostabsprengungen. Wegen der Trockenzeiten ist die Bauzeit er Nasslehmverfahren auf April bis Ende September beschränkt.
Entstehung und Vorkommen der Lehme
Der überwiegende Teil der Erdkruste
besteht aus Lehm, entstanden durch die Verwitterung feldspatreicher
Gesteinsarten. In fast allen Gegenden Deutschlands kommt mindestens eine
der folgenden Lehmarten vor. Lehmboden erkennt man daran, dass Regenwasser
in Pfützen stehen bleibt.
Berglehm lagert auf Ur- oder Sedimentärgestein, aus dem er durch Verwitterung entstanden ist. Berglehm aus Sandstein oder Tonschiefer hat runde Körnung und lässt sich oft kaum von Schwemmlehm (s.u.) unterscheiden. Berglehm aus Urgestein-Granit, Gneis oder Syenit besteht aus kantigen Gesteinstrümmern, deren Korngröße mit der Tiefe zunimmt. Wie der Name sagt, findet man Berglehm in hügeligen und bergigen Gegenden, aber auch im europäischen Flachland. Er ist ein sehr guter Baulehm, der für Putz allerdings gesiebt werden sollte, wenn Gesteinsstücken von mehr als 5 mm Durchmesser enthalten sind. Gehängelehm ist abgerutschter Berglehm. Schwemmlehm (Aue-, Schlick-, Flusslehm) ist ein Gemisch älterer Lehme, die durch Wasserläufe verlagert wurden und sich im ruhigen Wasser abgesetzt haben. Bei dunkler Färbung und Humusgeruch sind sie nicht zum Bauen geeignet. Der weibliche Mergel ist kalkhaltiger, durch Gletscher der Eiszeit bis zum Rand der deutschen Mittelgebirge geschobener Lehm (Geschiebemergel), der brauchbar ist, wenn der Kalkgehalt nicht zu hoch ist. Der bräunliche Lößlehm ist bei der Verwitterung von Löß durch Auslaugung des Kalkgehaltes entstanden. Der Löß, ein gelber, kalk- und tonhaltiger Feinsand, wurde durch die Stürme der Eiszeit vom Ursprungsgestein zu seinen heutigen Lagerstätten getragen, in Deutschland die Nordränder der Mittelgebirge. Lößlehm hat ein sehr feinkörniges Mineralgerüst und oft zu geringen Tongehalt. Für Bauzwecke sind weniger die Herkunft des Lehms als seine Eigenschaften entscheidend: die Bindekraft (Tonanteil) und die Korngrößen des Mineralgerüsts. |
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